Big Sur Coast Kalifornien
Unterwegs auf der Traumstraße ganz Kaliforniens.
Ein Bericht über die Highway One und das Hinterland zwischen Monterey und San Simeon.
Big Sur ist ein magisches Land. Ein State of mind, wie die Amis sagen, ein Geisteszustand.
Ein Kalifornien, das die meisten Urlauber nur gemalt sehen. Weil sie am Highway One kleben und nicht mal ahnen, welches Paradies sich hinter den schroffen Felsen verbirgt. Big Sur ist auf wundersame Weise von der kommerziellen Ausbeutung verschont geblieben. Geheimnisvolle Schluchten und verwunschene Täler, mächtige Redwood-Bäume, von bunten Wildblumen überschwemmte Bergwiesen.
Der Highway One und ein paar Sandpisten sind die einzige Verbindung zur Außenwelt.
Und wenn es stürmt und mal wieder eine Mure abgegangen ist, sind auch die versperrt. Ich habe Glück, die Straße ist frei und nur auf dem malerischen 17-Mile-Drive stauen sich die Fahrzeuge. Für eine Fahrt über „die schönste Straße der Welt“, wie sie in manchen Reiseführern angepriesen wird, muss Eintritt bezahlt werden. Die schmale Straße zwischen Pacific Grove und Carmel windet sich an der zerklüfteten Küste entlang und durch den romantischen Del Monte Forest, an den Bungalows der Superreichen vorbei.
Der vielleicht meistfotografierte Baum des Globus ragt am Cypress Point über das Meer. Monterey, die ehemalige Hauptstadt von Kalifornien, die erst während des großen Goldrauschs (1848) von Sacramento abgelöst wurde, lebt von ihrer spanischen Vergangenheit, die in der Altstadt mit ihren Häusern aus Adobe-Lehm immer noch sichtbar ist, und dem Roman „Cannery Row“ („Die Straße der Ölsardinen“), den John Steinbeck um 1945 über Monterey schrieb. Zwischen 1920 und 1940 wurden in den Konservenfabriken der Sardine Capital of the World jährlich 250.000 Tonnen Sardinen verarbeitet. In den 40er Jahren verschwanden die Fische. Aus der Cannery Row wurde eine Touristenstraße mit über 200 Galerien, Boutiquen, Restaurants und dem einzigartigen Monterey Bay Aquarium. In den gigantischen Wassertanks tummeln sich über 6.500 Meerestiere aller Arten.
Auch das bekannte Carmel findet man hier:
Carmel – eine Stadt zwischen Charme und Dekadenz
Biotop der Exzentriker
El Sur Grande, der Große Süden, wurde zu einem beliebten Touristenziel. Doch kaum jemand wagte es, den neuen Highway zu verlassen. In den Wäldern sollten ehemalige Sträflinge wohnen. Und nervöse Exzentriker, die sofort zur Waffe griffen, wenn man ihrem „Versteck“ zu nahe kam. Was nicht einmal gelogen war. Henry Miller gehörte zu diesen Sonderlingen. Er kam 1944 und zog in eine ehemalige Sträflingshütte im Anderson Canyon. Nach dem Welterfolg seines Buchs „Wendekreis des Krebses“ leistete er sich eine luxuriöse Villa. Er blieb bis zu seinem Tod (1980) in Big Sur und schrieb über seine kalifornische Wahlheimat: „Das Gesicht der Erde, wie der liebe Gott es haben wollte.“
Wenn Miller nicht an seiner Schreibmaschine saß, traf er sich mit seinen Freunden im „Nepenthe“, einem Treffpunkt für Künstler, Aussteiger und verrückte Charaktere. Hoch über den grauen Klippen wurde bis in die späte Nacht getrunken und gefeiert. „Dirty Corner“ hieß die Ecke der Bar, an der sich die Künstler trafen. „Sie kommen immer noch“, weiß Kirk Gafill, „aber hungrige Künstler wie in den 40er Jahren gibt es schon lange nicht mehr.“ Eastwood, Robert Redford und Barbara Streisand gehören zu den Berühmtheiten, die alle paar Monate im „Nepenthe“ einen Cocktail schlürfen. „Steve McQueen und Ali McGraw kamen mit dem Motorrad, aßen Hamburger und tranken Bier.“ Die Autogrammfotos von Liz Taylor und Richard Burton kleben im dicken Album des Lokalbesitzers.
Pfeiffer Beach
Der Pfeiffer Beach liegt keine fünf Minuten von der Hauptstraße entfernt. Und doch verirren sich nur wenige Leute hierher. Wir stapfen barfuß durch den Sand. Vor uns wachsen zerklüftete Felsen aus dem Meer. Heftiger Wind treibt das Wasser gegen die Küste, lässt es in Höhlen und unter steinernen Torbögen schäumen. Das stürmische Meer und der leere Strand bilden einen seltsamen Kontrast. Ein Wechselbad der Gefühle, das die Seele aufrührt und beruhigt. Über dem Pfeiffer Creek, der in Rinnsalen aus dem Sycamore Canyon fließt, schwirren bunte Schmetterlinge.
Der schmale Waterfall Cove Trail führt zu der versteckten Bucht, schlängelt sich durch einen Tunnel zum McWay Canyon und gibt den Blick auf das einzigartige Panorama am Saddle Rock frei. Die Eukalyptusbäume am Wegesrand verbreiten einen betörenden Duft. Bunte Wildblumen leuchten in der Frühlingssonne.