John Muir – Der Vater der Nationalparks
„Ich interpretiere die Felsen, erlerne die Sprache der Flut, des Sturms und der Lawine. Ich mache mich mit den Gletschern und den wilden Gärten vertraut und komme dem Herzen der Welt so nah wie ich nur kann.„
(Peter Browning: John Muir in His Own Words. Great West Books, Lafayette (California) 1988)
Diese Worte machten den Universalgelehrten John Muir zu einem der berühmtesten Naturforscher von ganz Nordamerika. Die Besonderheit dieser Worte wird vielleicht erst bei näherer Betrachtung deutlich: Nachdem Muir über viele Jahre hinweg die Natur genaustens beobachtet hatte, wollte er nun damit beginnen die Natur zu verstehen und zu verinnerlichen. Dieses neue Denken machte ihn einzigartig und verlieh ihm zudem den Namen eines Naturphilosophen- eine Person also, die die Sprache der Natur wahrhaftig verstehen will.
Das Leben des John Muir- Kurzbiographie
John Muir wurde 1838 in Schottland geboren und wanderte gemeinsam mit seiner Familie nur 11 Jahre später in die USA aus. Niedergelassen auf einer Farm nahe der Stadt Montello in Wisconsin, verbrachte John stets viel Zeit in der Natur- zum einen weil sein Vater ihn zur Mitarbeit auf der Farm antrieb, zum anderen weil er bereits in frühen Jahren eine besondere Neigung zur bloßen Beobachtung von Naturgeschehnissen hatte. Bereits in diesen frühen Kindertagen begann Muir sich in ersten kleinen Erfindungen zu üben und schrieb sich schließlich 1860 an der University von Wisconsin in Madison ein. Doch zog es ihn raus- anstelle vor trockenen Lernbüchern zu sitzen wollte er lieber raus in die Natur um so die noch unberührten Pflanzen und Tiere wirklich zu erleben. Die darauf folgenden Jahre zog er durch die Natur Nordamerikas und Kanadas und verdiente sich seinen Unterhalt mit kleinen Zeitarbeitsjobs. Und ebenso ein Job sollte ihn lange Zeit prägen: Eine bei der Arbeit zugezogene Augenverletzung ließ ihn fast einen Monat erblinden. Nachdem Muir sein Augenlicht zurück bekam, wurde ihm klar, dass er sich von nun an nur noch auf die Schönheit der Natur konzentrieren und sich dieser hingeben will. Er begann zu Wandern und durchquerte auf dieser Reise weite Teile Nord- als auch Südamerikas- bis er schließlich seine neue Wahlheimat Kalifornien erreichte. Der einfache Grund für sein neues Zuhause war einfach: Das Gebirge der Sierra Nevada (span. „verschneiter Gebirgszug“) und das anschließende Yosemite Valley bezauberten ihn zutiefst und wurden für ihn ein Ort, zu dem er immer wieder zurück kehrte. In den folgenden Jahren begann er seine Naturbeobachtungen in diversen Artikeln festzuhalten und publizierte Bücher und Schriften. 1880 heiratete er seine Frau Louie Wanda Strentzel und widmete sich die folgenden zehn Jahre der erfolgreichen Bewirtschaftung der Obstfarm der Familie Strentzel in Martinez. Seine Wanderlust kam jedoch zurück, sodass er nun begann auch nach Australien, Europa und Afrika zu reisen. Seine weiter erscheinenden Publikationen ließen seinen Bekanntheitsgrad in den USA weiterhin steigen- und damit auch seinen Einfluss: Nach seiner Veröffentlichung des Buches „Unsere Nationalparks“ (1901) wurde der derzeitige amerikanische Präsident Teddy Roosevelt auf ihn aufmerksam. Durch Roosevelts Hilfe gelang es Muir die Grundsteine für die Nationalparks Yosemite, Sequoia, Grand Canyon und auch Mount Rainier zu legen und damit die ersten wichtigen Entwicklungen in Richtung Naturschutzgebiet in die Wege zu bringen. Diese Entwicklung blieb bis zum Ende seines Lebens 1914 sein Hauptziel.
Die Idee der „Naturinterpretation“
John Muir war der erste Mensch, der das Wort der „Interpretation“ mit dem Wesen der Natur in Verbindung brachte. Was zunächst willkürlich oder gar unwichtig erscheinen mag, ist jedoch eine recht komplizierte und philosophische Aussage, die es schließlich gilt etwas genauer zu betrachten. Muir geht davon aus, dass alle Lebewesen der Natur eine Sprache sprechen, die von uns Menschen vorerst einmal erhört werden muss. Ist dies geschehen, kann der Mensch im nächsten Schritt beginnen die Sprache zu verstehen und schließlich zu „interpretieren“. Tut er dies baut er letztendlich eine Beziehung zu den Dingen der Natur auf und wird zwangsläufig so ein verantwortliches Handeln ihr gegenüber beginnen. Diese Grundthese Muirs liegt bis heute der Natur- und Kulturinterpretation zu Grunde: In Besucher orientierten Einrichtungen, wie beispielsweise Nationalparks, unterliegt die Bildungsarbeit dem Grundverständnis Muirs, das heißt, dass Natur wahrhaftig erlebt und damit auch verstanden werden soll. Geschieht dies kann das Natur- und Kulturerbe erhalten bleiben. Alle Nationalparks in heutiger Zeit unterliegen genau diesem Prinzip und führen damit ihre Besucher in die Philosophie der Naturführung ein. Die Grundzüge der Naturinterpretation führte nach Muir unter anderen auch der Journalist Freeman Tilden in seinen sechs Prinzipien der Kulturinterpretation fort:
- Interpretation bleibt fruchtlos, wenn sie das, was präsentiert werden soll, nicht mit der Persönlichkeit oder den Erfahrungen des Besuchers in Beziehung setzt.
- Interpretation und Information sind nicht das gleiche.
- Interpretation ist eine Form der Ent-hüllung, die allerdings immer auf Fakten beruht.
- Interpretation ist eine Kunst, die verschiedene Fertigkeiten voraussetzt – ganz gleich, ob es um naturwissenschaftliche, historische oder andere Themen geht.
- Interpretation möchte den Besucher zu eigenem Denken und Handeln anregen; es geht nicht darum, ihn zu belehren.
- Interpretation vermittelt Ganzheiten, nicht Teile.
- Interpretation nimmt den Besucher dementsprechend auch als ganzen Menschen wahr.
- Interpretation für Kinder macht eigene Programme erforderlich.
- Sie darf nicht aus einer Modifizierung der Programme für Erwachsene bestehen (Freeman Tilden: Interpreting Our Heritage. 3. Auflage. University of North Carolina Press, Chapel Hill 1977)
Aufgrund Muirs wegweisenden Ansichten für den Naturschutz, ist sein Name noch heute in vielen Naturgebieten Nordamerikas zu finden: Der „John Muir“ Fernwanderweg in der Sierra Nevada, das Wildnisschutzgebiet „John Muir Wilderness“ (ebenfalls in der Sierra Nevada), als auch das „Muir Woods National Monument“ nördlich von San Francisco.
John Muir National Historic Site
Ein besonderes Historic Site und damit ein historisches Denkmal amerikanischer Geschichte stellt das John Muir National Historic Site dar. Im ehemaligen viktorianischen Haus von John und Louie Wanda Muir ist heute ein einmaliges Museum eingerichtet, dass ein Besuch in jedem Falle wert ist. Das Haus liegt im kalifornischen Ort Martinez, nahe des Highways CA 4. Das sehr großzügige Haus (14 Wohn- und Schlafzimmer) ist von einem blühenden und bezaubernden Garten umrandet, der bis zu drei Hektar groß ist. In ihm wachsen viele bunte Obstbäume und einzigartige Pflanzen. Die gesamte Fläche schmiegt sich an die Hügel des nach Muirs Tochter benannten Mount Wanda, der selbst mit einem lichten Eichenwald bedeckt ist. Das Haus selbst steht unter der Verwaltung des National Park Services und hält im Haus eine Ausstellung zu Muirs Schriften wie auch sein originales Arbeitszimmer bereit. Gelegentlich werden auch Führungen angeboten, besonders Schulklassen sollten diese aber vorher buchen. Um wahrhaftig in die Zeit Muirs und damit in die Welt des wahrscheinlich wichigsten Naturschützers einzutauchen, bieten Guides auch Führungen durch den umliegenden Garten und die Hügel an: Genau die Routen, auf denen Muir mit seinen zwei Töchtern spazieren ging und ihnen die Bedeutung der Natur nahe gebracht hat.
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