Der Long Walk zum Bosque Redondo nahe Fort Sumner – New Mexico
Der „Long Walk“ (deutsch: Langer Marsch) gehört zu einem der düstersten Kapitel der amerikanischen Geschichte.
Die amerikanische Regierung beauftragte die Zwangsumsiedlung der Diné-Indianer (auch Navajos genannt) und der Mescalero-Apachen in ein Lager nahe der Fort Sumner Siedlung im Südosten von New Mexico.
Wie kam es zur Zwangsumsiedlung ins Bosque Redondo?
Der amerikanische Sezessionskrieg begann 1861 und legte eine Atmosphäre der Gewalt über das gesamte Land. Auch die Indianer, die bis dahin friedlich ihrem Ackerbau und der Schafszucht nach gegangen waren, wurden von der Welle der Gewalt mitgerissen. Ab 1861/62 fingen sie an, den Krieg als Rechtfertigung für ihre nun selbst ausgeführte Gewalt zu benutzen: sie überfielen amerikanische und mexikanische Siedlungen, mordeten und plünderten. Der blutige Konflikt schreckte vor nichts zurück. Die amerikanische Regierung sah sich dazu gezwungen, der Eskalation ein Ende zu bereiten und entschied, dass eine Zwangsumsiedlung der Indianer die einzige Lösung des Konfliktes sein kann.
Am 31. Oktober 1862 segnete der amerikanische Kongress den Beschluss ab, einen Militärposten in Fort Sumner zu errichten. Diese kleine Siedlung befindet sich im Südosten New Mexicos und damit direkt am Pecos River. Nur wenige Meter in südöstliche Richtung liegt das kleine Waldgebiet Bosque Redondo. Diese circa 100 km2 große Waldstück sollte die neue Zwangsheimat der Indianer werden, in der sie modernen Farmanbau erlernen sollten.
Im Frühjahr 1863 wurde Colonel Christopher, genannt Kit, Carson mit der Zwangsumsiedlung der Indianer vertraut. Er selbst war ehemaliger Jäger und Trapper und stellte sich eine 750 Mann starke Truppe aus erfahrenen Scouts und sogar einigen ehemaligen Indianern zusammen. Am 23. Juni 1863 ließ er ein Ultimatum verkünden, dass alle Dinés dazu aufrief, sich freiwillig bis zum 27. Juli desselben Jahres zur Zwangsumsiedlung zu melden. Natürlicherweise erreichte dieser Appell niemals alle Diné-Stämme, da manche Stämme völlig abgeschottet von der restlichen Umwelt lebten und nur ihrem eigenen Leben nachgingen. Nach Ablauf des Ultimatums schließlich griffen die Truppen alle übergebliebenen Dinés an. Hierbei gingen die Truppen mit einer Härte vor, die jegliche Lebensgrundlage der Indianer zerstören sollte. Sie brannten Hogans (die typischen Rundhäuser der Dinés) ab, vergifteten Brunnen, zerstörten Maisfelder, sägten Obstbäume ab und nahmen jegliches Vieh in Beschlag. Jeder kampfbreite Mann, der sich den Truppen in den Weg stellte, wurde ermordet. Auf diese brutale Weise wurden fast alle Dinés aufgefangen. Nur einem kleinen Anteil der hartnäckigsten Indianer konnten in den Canyon de Chelly fliehen. Diese Felsenschlucht galt seit langer Tradition als heiliges Land der Dinés, sodass sie sich hier sicher fühlten. In der Tat kannten sich die Weißen in den steilen Abhängen des Canyons fast gar nicht aus, sodass ihnen nichts anderes übrig blieb, als die beiden einzigen Eingänge in die Schlucht im Westen und Osten zu besetzen und damit nicht mehr passierbar zu machen. Obwohl die Dinés lange Zeit standhaft blieben, wurden sie nach einiger Zeit und vor allem durch einen langen und harten Winter von Hunger und Kälte zum Aufgeben gezwungen. Zum Schluss hatten sie sogar darauf verzichten müssen, ein Feuer zu zünden, da die ihre Position in der Schlucht preis gegeben hätte.
Der „Long Walk“
Neben den Dinés waren auch die Mescalero-Apachen von der Zwangsumsiedlung betroffen. Alle Indianer wurden im Frühjahr 1864 im Fort Canby gesammelt. Von dort ging es in mehreren Gruppen in das 480 km entfernte Bosque Redondo. Die erste Gruppe startete im März 1864 und bereits nach dieser Umsiedlung dieses ersten kleinen Teils der Indianer wurde klar, wie viele auf dem Weg sterben würden. Die Umstände während des Marsches waren katastrophal. Die amerikanische Regierung stellte lediglich einige wenige Ochsenwagen zur Verfügung, auf denen einige Kranke und Alte transportiert wurden. Da während der Reise aber nicht annähernd eine ausreichende Versorgung gewährleistet wurde, erkrankten immer mehr und mehr Indianer. Um den Transport dennoch fortzuführen, wurden alle Menschen erschossen, die den Marsch behinderten. Hierzu zählten neben Verletzten auch Frauen in ihren Wehen. Mehrer hundert Menschen ließen auf dem Langen Marsch ihr Leben.
Lebensbedingungen im Basque Retondo
Trotz der schrecklichen Umstände während des Marsches erreichten am Ende rund 9500 Dinés und weitere 500 Mescalero-Apachen das kleine Wäldchen am Pecos River. Da das Lager allerdings nur für 5000 Menschen vorgesehen war, konnte eine dramatische Unterversorgung nicht lange fern gehalten werden. Die Indianer fanden ein sandiges und unfruchtbares Gebiet vor, das sich keinesfalls zur Landwirtschaft eignete. Desweiteren war vor allem Brennholz knapp, da die Bäume des Waldes gefällt wurden, um damit die Hütten des Militärpostens in Fort Sumner zu errichten. Um im Sommer der heißen Sonne und im Winter dem kalten Wind nicht schutzlos ausgesetzt zu sein, gruben die Indianer Löcher in die Böden, in denen sie bei den extremen Temperaturen Schutz suchten. Da das Brennholz schnell ausging, mussten die Indianer mehrerer Kilometer weit laufen um Mesquitewurzeln zu sammeln. Diese waren trocken und groß und konnten so für das Feuermachen verwendet werden. Auch die Wasserversorgung stellte ein großes Problem dar: der Fluss war stark alkalihaltig und daher das Wasser zum Trinken kaum genießbar. Unter der Aufsicht von weißen Wärtern wurden die Indianer dazu gezwungen das unfruchtbare Land zu bewirtschaften. Insgesamt gruben sie mehr als 50 km Bewässerungsgraben und versuchten auf mehr als 800 ha Mais anzubauen. Das Ergebnis ihrer landwirtschaftlichen Bemühungen war ernüchternd. In den ersten zwei Jahren war die Ernte sehr dürftig, was vor allem auf die anhaltende Trockenheit zurück zu führen war. Im dritten Jahr hingegen war der anhaltende Regen so stark, dass die Ufer des Pecos Rivers übertraten und das gesamte bewirtschaftete Land überschwemmt und die Ernte zerstört wurde. Aufgrund der schlechten Versorgung durch Nahrung und Kleider herrschten überall im Lager extremer Hunger und Krankheit.
Spannungen zwischen den Dinés und den Mescalero-Apachen
Seit langer Tradition waren die Dinés und die Mescalero-Apachen miteinander verfeindet. Auch im Lager wurde mit dieser Tradition nicht gebrochen, sodass es zu ständigen Auseinandersetzungen zwischen Vertretern der beiden Indianerstämme gab. Aufgrund dieser Konflikte und der anherrschenden Unterversorgung der Menschen, flüchteten mehr und mehr Indianer aus dem Camp. 1865 schließlich fassten die Mescalero-Apachen den Entschluss das Lager endgültig zu verlassen. Ohne Einverständnis der amerikanischen Regierung verließen sie das Lager und versuchten in ihre ursprünglichen Heimatgebiete zurück zu kehren. Der Kampf mit der amerikanischen Regierung um ein eigenes Reservat zog sich über viele weitere Jahre hinweg und erst sieben Jahre später (1873) konnten die Mescalero-Apachen in ihr ehemaliges Stammesgebiet zurück kehren. Dieses wird eingegrenzt durch den Pecos River im Osten und dem Sacramento Mountains im Westen (die genauen Reservatsgrenzen wurden in den folgenden Jahren auf Wunsch der Weißen noch einige Male geändert). Allerdings fanden die Indianer in ihrem neuen Gebiet kaum bessere Lebensbedingungen, als im Bosque Redondo: jegliche Lebensgrundlagen waren durch das Wüsten der Kit Carson-Truppen zerstört worden. Folglich dauerte es noch viele Jahre, bis die Indianer sich alles neu aufgebaut hatten und zu ihrer ursprünglichen Lebensweise gänzlich zurück kehren konnten.
Auch die Dinés wehrten sich gegen die Zwangsbesiedlung
Nicht nur die Mescalero-Apachen, sondern auch die Dinés wollten und vor allem konnten die katastrophalen Lebensbedingungen nicht mehr hinnehmen. Nach drei Jahren war das Leben im Lager nicht mehr auszuhalten und die Dinés begannen ihren eigenen Aufstand. Bevor die US-Regierung sich gänzlich eingestehen wollte, dass ihr Projekt der Umsiedlung gescheitert war, schickten sie General William Sherman, welcher mit der Untersuchung der Lebensbedingungen in Bosque Redondo beauftragt wurde. Sherman war schockiert und berichtete der amerikanischen Regierung, dass das Projekt endgültig aufgegeben werden musste.
Am 1. Juni 1868 unterzeichneten Diné-Vertreter und die amerikanische Regierung einen Vertrag, der dem Indianerstamm ein eigenes Reservat zusprach. Bei der Heimkehr in ihre alte Heimat schließen sich auch viele weitere Dinés an, die zuvor aus dem Lager Bosque Redondo geflohen waren. Zunächst fanden die Indianer allerdings nichts, als ein Zeichen der Verwüstung vor. Sie waren damit in der gleichen Situation wie die Mescalero-Apachen und es brauchte noch viele Jahre, bis sie zu ihrem normalen Leben übergehen konnten. Heute leben viele der Dinés im Canyon de Chelly.
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